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12:14 Uhr
20.04.2024

Ein Lehrstück des Journalismus
Barbara Dickmann spricht über den Skandal um die gefälschten Hitler-Tagebücher

Der Reinfall des „stern“ auf die gefälschten Hitler-Tagebücher hat auch 27 Jahre danach nicht an Brisanz und Aktualität verloren, insbesondere für Nachwuchsjournalisten. Beim Medienforum Mittweida berichtet Barbara Dickmann, damalige Leiterin des Bonner „stern“-Büros, im Gespräch mit Prof. Peter Gottschalk über Verlauf und Ursachen des Desasters.

Als Barbara Dickmann 1983 als erste Frau die Leitung des „stern“-Büros in Bonn antrat, ahnte sie noch nicht, dass sie dort einer der größten Skandale der deutschen Pressegeschichte erwartete. Am 25. April desselben Jahres präsentierte die Chefredaktion des Magazins auf einer internationalen Pressekonferenz in Hamburg die vermeintlichen Tagebücher Adolf Hitlers. „Die Geschichte des Dritten Reiches wird in großen Teilen neu geschrieben werden müssen“, hieß es im Vorspann zur ersten Titelstory. Nur acht Tage nach der ersten Veröffentlichung dann die Katastrophenmeldung: Gutachten des Bundesarchivs, des Bundeskriminalamts und des Bundesamtes für Materialprüfung hatten ergeben, dass es sich bei den vermeintlichen Tagebüchern um „grotesk oberflächliche Fälschungen“ handelte. Die Glaubwürdigkeit des „stern“ und die verkauften Auflagen sanken in den nächsten Monaten drastisch.

Die Chefredaktion wusste lange Zeit nichts vom Projekt „Grünes Gewölbe“, in das nur die Verlagsleitung und Mitarbeiter des Ressorts „Zeitgeschichte“ eingeweiht waren, um die Recherchen vor der Konkurrenz geheim zu halten. Barbara Dickmann gehörte zum engen Kreis jener elf Menschen, die überhaupt von der Existenz der vermeintlichen Hitler-Tagebücher erfuhren. Im Auftrag der Verlagsleitung produzierte sie damals eine Filmdokumentation über den Fund der Tagebücher.

„Als erfahrene und damals sehr populäre deutsche Fernsehjournalistin übertrug man mir die Aufgabe, diese Dokumentation in weniger als acht Wochen zu drehen. Natürlich wurde ich zu strengstem Stillschweigen über dieses Projekt verpflichtet“, berichtet sie im Interview mit dem Medienforum Mittweida. Ihre Bedingung war allerdings, die Dokumentation so zu gestalten, wie sie selbst diese verantworten konnte – aus Zweifel an der Authentizität: „Ich bestand darauf, dass kritische Fragen dazu sowohl an die Chefredaktion, als auch an den Chefreporter Gerd Heidemann Bestandteil der Dokumentation waren. Im Text benutze ich die Form des Konjunktivs.“

Die Auswirkungen für Barbara Dickmann waren trotz ihrer Distanz als Autorin verheerend: „Durch meine Dokumentation, die am Erscheinungstag im ZDF lief, wurde ich in Sippenhaft von den Kollegen im ‚stern’, aber auch von den Journalisten der weiteren Presse mit verantwortlich gemacht.“ Im Rahmen des Medienforum Mittweida wird sie am 11. Oktober im Gespräch mit Professor Peter Gottschalk, Programmverantwortlicher in der Redaktion Dokumentationen/Dokumentarfilme des Fernsehkanals ARTE, über die internen Abläufe zwischen den Beteiligten berichten. Es soll beleuchtet werden, welche Hinweise und Ungereimtheiten Barbara Dickmann immer wieder an der Echtheit der Tagebücher zweifeln ließen und warum die Tagebücher trotz Unsicherheit und offensichtlicher Widersprüche veröffentlicht wurden. „Es ist ein brisanter Stoff und ein Lehrstück des Journalismus“, kündigt Gottschalk eine spannende Diskussion an.

Das vollständige Interview sowie eine ausführliche Ankündigung der Veranstaltung mit Barbara Dickmann lesen Sie auf *medienforum-mittweida*.

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