Um die inneren Organe zu schützen, besteht die Bauchdecke aus mehreren Schichten. Haut, Muskeln und Sehnen übernehmen unterschiedliche Aufgaben. Durch verschiedene Faktoren wie erhöhten Druck im Bauchraum kann es zu einem Riss in den unteren Schichten kommen – Mediziner sprechen hier von Bauchdeckenbruch oder Hernie. „Sobald Betroffene erste Symptome wie eine tast- oder sichtbare Vorwölbung im Bauchraum bemerken, gilt es, einen Arzt aufzusuchen“, betont Dr. Jörg Müller, Leiter des Hernienzentrums an der Paracelsus-Kurfürstenklinik Bremen. „Denn mit einem Bauchdeckenbruch geht immer das Risiko einher, dass Organe im Bruch einklemmen“, so der Chirurg. Zur Behandlung besteht einzig die Möglichkeit einer individuell geplanten Operation. Um die Qualität hierbei auch zukünftig zu sichern und weiter zu steigern, beteiligt sich die Paracelsus-Kurfürstenklinik seit vergangenem Jahr an einer Langzeitstudie der Herniamed GmbH. Diese bietet ein Qualitätssicherungsprogramm für die gesamte Hernienchirurgie und will so die Qualität der Patientenversorgung verbessern und valide Daten für die Versorgungsforschung liefern.
Hernien können jeden betreffen
Hernien bilden sich an verschiedenen Stellen der Bauchdecke. Dabei tritt im Hinblick auf die Geschlechter eine unterschiedliche Verteilung auf. „So zeigen sich 80 Prozent der Leistenbrüche bei Männern. Hernien in der Schenkelgegend gelten dagegen zu 90 Prozent als frauentypisches Problem“, erklärt Dr. Müller. Darüber hinaus stellen Narbenbrüche, die nach Operationen im Bauchbereich – insbesondere nach entzündlichen Erkrankungen – entstehen, ein weiteres Feld dar. Ob sich eine Hernie entwickelt, hängt unter anderem von der Stärke des Bindegewebes ab. In einigen Fällen lassen sich auch familiäre Zusammenhänge beobachten. „Doch darüber hinaus stellen wir immer wieder fest, dass die Brüche jeden treffen: alt oder jung, dick oder dünn, sportlich oder nicht“, sagt der Chirurg. „Gleichzeitig bedeutet dies leider, dass es keine Möglichkeit gibt, Hernien vorzubeugen.“
Individuelle Operation
Grundsätzlich stehen zwei Operationsverfahren zur Verfügung: offen oder minimalinvasiv. Welche Methode die Mediziner anwenden, hängt von den jeweiligen Voraussetzungen ab. So führen Ärzte etwa bei jüngeren Patienten häufig offene Eingriffe durch, da sie hierbei auf körpereigenes Gewebe zurückgreifen, mit dem sie die Hernie schließen. Beim minimalinvasiven Vorgehen setzen Mediziner ein feines Kunststoffnetz ein. Anwendung findet diese Variante etwa bei älteren Patienten oder erneuten Brüchen. Aber auch für Betroffene, die Wert auf kurze Genesungszeiten legen, kommt die sogenannte Laparoskopie, eine Bauchspiegelung, infrage. „Denn nach minimalinvasiven Eingriffen entfallen sonst notwendige Rehamaßnahmen und Patienten gehen nach 10 bis 14 Tagen ihrem gewohnten Alltag nach“, erläutert Dr. Müller. „Im Vergleich dazu gilt nach offenen Operationen schweres Heben für ein Vierteljahr als Tabu.“
Studie ermittelt Langzeiterfolg
Leider existiert nach Hernienoperationen nach wie vor eine hohe Rezidivquote, also ein großes Risiko für einen erneuten Bruch. „Zwar konnten wir im Hernienzentrum der Paracelsus-Kurfürstenklinik bisher eine sehr niedrige Quote von unter einem Prozent erzielen, es ist uns jedoch wichtig, die Qualität weiter zu steigern“, sagt Dr. Müller. Aus diesem Grund läuft seit vergangenem Jahr die Qualitätssicherungsstudie mit Herniamed, die jeden behandelten Patienten einbezieht. Jeweils nach einem und zehn Jahren stehen Nachuntersuchungen an, um den langfristigen Erfolg zu ermitteln.